Liebe Freund*innen und Unterstützer*innen,

der heutige „Internationale Tag der Indigenen Völker“ steht unter dem Motto „Leaving no one behind“ – „Niemand zurücklassen“. Das Motto mag auf den ersten Blick nicht unbedingt indigene Themen ansprechen, doch tatsächlich sind die indigenen Völker in vielen Bereichen die „Zurückgelassenen“. Umso wichtiger ist es, an diesem Tag an ihre Situation zu erinnern.

1994 wurde der 9. August von der UN-Vollversammlung zum „Internationalen Tag der Indigenen Völker“ deklariert, um damit an den Beginn der einstigen „Working Group on the Rights of Indigenous Populations“ (WGIP) zu erinnern, der ersten UN-Arbeitsgruppe, die am 9. August 1982 ihre Arbeit aufnahm, um sich explizit mit der Situation der indigenen Völker, deren Rechten bzw. der Verletzung derselbigen auseinanderzusetzen. Die WGIP war der erste Schritt auf dem Weg zur „Deklaration der Rechte der Indigenen Völker“, die 2007 verabschiedet wurde. 14 Jahre später müssen wir daran erinnern, dass viele der Hoffnungen und Versprechen sich bis heute nicht erfüllt haben.

In ihrer Stellungnahme zum „International Day of the World’s Indigenous Peoples“ fordern die Vereinten Nationen einen neuen Sozialkontrakt für die Indigenen (www.un.org/en/observances/indigenous-daylink-external). Mit 476 Millionen Indigenen in 90 Ländern der Welt stellen sie 6,2% der Weltbevölkerung, doch ihre tatsächliche politische und wirtschaftliche Teilhabe ist weit geringerer. Nach wie vor müssen sie sich vor allem gegen die Zerstörung und Ausbeutung ihres Landes wehren und leisten Widerstand gegen Abholzung, Uranabbau, Kohle- oder Ölförderung. Die Verteidigung ihrer Rechte, ihres Landes und damit auch ihrer Kultur müssen sie mit Diskriminierung, Kriminalisierung oder gar mit dem Leben bezahlen. Die Menschenrechtsorganisation Front Line Defenders beziffert die Zahl der allein 2020 ermordeten Menschenrechtsverteidiger auf mindestens 331, von denen sich 69% explizit für Land und Rechte der Indigenen engagierten (www.frontlinedefenders.org/sites/default/files/fld_global_analysis_2020.pdflink-external).

Die ILO-Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation will die Rechte der Indigenen verbindlich schützen, und es ist zu begrüßen, dass Deutschland diese Konvention im April 2021 unterzeichnet hat, doch bislang haben erst 24 Länder die Konvention ratifiziert – Kanada oder die USA zählen nicht dazu.

Nicht nur in wirtschaftlichen oder Landrechtsfragen zählen die Indigenen zu den „Zurückgelassenen“. Die COVID-19 Pandemie hat gezeigt, wie verletzlich gerade indigene Gemeinschaften sind, die selbst in den reichen Ländern wie USA oder Kanada kaum ausreichende medizinische Versorgung genießen – selbst der Zugang zu Trinkwasser stellt die Gemeinden vor eine gewaltige Herausforderung. Auf eine Pandemie wie COVID-19 waren sie nicht vorbereitet und waren sich vielfach selbst überlassen.

Dies gilt auch insbesondere für die Bedrohungen durch den Klimawandel. Die außergewöhnlichen Brände in British Columbia verdeutlichten die prekäre Lage der Indigenen, die zu den ersten Opfern des Klimawandels zählen. Die neuesten Hiobsbotschaften, welche der Weltklimarat heute verkündete (www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/link-external), bedeuten vor allem für indigene Völker eine besondere Bedrohung, denn mit den Folgen – Schmelzen des Eises in der Arktis, Überflutungen, Dürre etc. – sind auch ihre Lebensweisen und ihre Kultur bedroht, welche die Basis ihrer Identität bedeuten.

Zurückgelassen sind nicht zuletzt auch jene, die bis heute unter den Auswirkungen von Rassismus und Kolonialismus zu leiden haben. Die jüngsten Gräberfunde im Umfeld der Residential Schools verdeutlichen eine Menschenrechtsverachtung bis hin zum Völkermord, die den Indigenen nicht nur im 19. oder 20. Jahrhundert das Recht auf Selbstverwirklichung, Anerkennung und Würde verweigerte.

In ihrer Erklärung zum „Internationalen Tag der Indigenen Völker“ verweist UN Women auf die enge Verknüpfung der Faktoren von Rassismus, Klimaungerechtigkeit und mangelnder Teilhabe, die insbesondere indigene Frauen betrifft. Ein neuer „Sozialkontrakt“ kann nur gelingen, wenn die indigenen Völker als gleichwertige Partner anerkannt werden. Ihr Recht auf Teilhabe an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen ist ein Kern der Deklaration der Rechte der Indigenen Völker.

Die European Alliance for the Self-Determination of Indigenous Peoples, zu der auch die Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechte gehört, setzt sich für dieses Recht ein und hat eine Presserklärung zum Internationalen Tag der Indigenen Völker veröffentlicht, die wir im Anhang beifügen.

Die indigenen Völker sind mehr denn je auf unsere Unterstützung und Solidarität angewiesen.

Mit solidarischen Grüßen

Monika Seiller
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AGIM e.V. (Action Group for Indigenous and Human Rights, est. 1986) is a non-profit human rights organization dedicated to supporting the right to self-determination of Indigenous peoples in North America. We publish a quarterly magazine COYOTE.

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