Liebe Unterstützer*innen,

nachfolgend berichten wir wie gewohnt über anstehende Termine und aktuelle Neuigkeiten:

  • “Indianer Inuit: Das Nordamerika Filmfestival”
  • Peltier: 47 Jahre hinter Gittern/Kampagne
  • “Sedna”: Sonderausstellung im Nonam
  • Moratorium gegen Minen am Boundary Water
  • National Action Day zu Ehren von Joye Braun
  • Streit um Avatar
  • Indigene Ministerin in Brasilien
  • 50 Jahre Wounded Knee II
  • Deskaheh: 100 Jahre indigener Appell an die Weltgemeinschaft

“Indianer Inuit: Das Nordamerika Filmfestival”link

In wenigen Tagen startet das einzigartige Filmfest (02.-05.02.2023) in seiner neunten Ausgabe im Treffpunkt Rotebühlplatz in Stuttgart. Nach der Pandemiepause darf nun das Publikum wieder live dabei sein, wenn den indigenen Filmschaffenden der “rote Teppich” ausgebreitet wird. Unter dem Motto “More than Leather and Feather” werden nicht nur 75 Filme unterschiedlicher Kategorien gezeigt, sondern auch ein umfangreiches Rahmenprogrammlink-external (30.01.-09.02.) präsentiert.

Mehr als Leder und Federn sind auch bei der Auftaktveranstaltung am 30. Januar am Rotebühlplatz zu sehen, wenn Amber-Dawn Bear Robe (Siksika/Blackfoot) bei der Vernissage der Ausstellung “Native Runway” die Fotos der Fashion Show der Southwestern Association for Indian Arts (SWAIAlink-external) zeigt, welche sie organisiert hat. 2014 veranstaltete SWAIA die erste offizielle Haute Couture Fashion Show als Teil des jährlich stattfindenden Santa Fe Indian Market, der größten und renommiertesten Kunst- und Kunsthandwerksmesse für zeitgenössische indigene Künstler*innen, die seit 1922 jeden August stattfindet. Wer nicht zur Ausstellung nach Stuttgart reisen kann, erhält auf Youtube einen kleinen Einblick in die Fashion-Showlink-external.

Nicht nur die jüngsten Debatten um den Begriff “Indianer” werfen die Frage nach indigener Repräsentation auf, sondern auch so manches Kostüm im gerade anlaufenden Fasching bzw. Karneval, bei dem sich nicht wenige mit “fremden Federn” schmücken. Der Thematik um kulturelle Aneignung stellt sich die Diskussionsrunde “My Culture is not a Costume” am 31. Januar im Linden-Museumlink-external in Stuttgart, an der auch die indigenen Gäste des Filmfests teilnehmen werden.

Das Linden-Museum bietet mit der Konzertveranstaltung “Fiddle meets Voice: Young Sounds from Indigenous North America” die Möglichkeit, in die Klangwelten heutiger indigener Musiker*innen einzutauchen. Emma Stevens (Mi’kmaq) und Tristen Durochet (Metis), beide aus Kanada, sowie Jessa Calderon (Chumash/Tongva) aus den USA präsentieren nicht nur eine besondere musikalische Mischung aus Tradition und Moderne, sondern stehen auch für eine junge engagierte Generation Indigener, die sich aktiv für den Erhalt ihrer Sprachen und Kulturen einsetzen.

Zur feierliche Eröffnung des Filmfestivals am Rotebühlplatz werden am Donnerstag, 02.02., neben den bereits Erwähnten weitere indigene Gäste erwartet: Regisseurin, Produzentin und Schauspielerin Jules Koostachin (Cree), Filmemacher James Lujan (Taos Pueblo), Rayne Kingfisher (Praire Band Potawatomi/Kickapoo/Northern Cheyenne) und Lonnie R. Begaye (Diné/Navajo) sowie die UNICEFlink-external-Repräsentantin, Schauspielerin und Produzentin Sera-Lys McArthur (Nakota/Assiniboine). Der viertägige Film-Marathon endet am Sonntag, 05.02., mit der feierlichen Preisverleihung in den verschiedenen Kategorien.

Freiheit für Leonard Peltier!link

Am 06.02.1976 wurde der AIM-Aktivist Leonard Peltier in Kanada verhaftet und schließlich an die USA ausgeliefert, wo er 1977 wegen angeblichen Mordes an zwei FBI-Beamten verurteilt wurde. Seit Jahrzehnten fordern Menschenrechtsorganisationen und Aktivist*innen seine Freilassung, damit er seine letzten Jahre auf der heimatlichen Turtle Mountain Chippewa Reservation im Kreis der Familie verbringen kann. Inzwischen haben auch jene, die ihn hinter Gitter brachten, sich für seine Freilassung engagiert, u.a. jüngst die frühere FBI-Agentin Coleen Rowley, die von einer „Vendetta“ des FBI gegen Peltier spricht und US-Präsident Joe Biden aufgefordert hat, Peltier aus dem Gefängnis zu entlassen.

Doch ohne weiteren öffentlichen Druck wird Peltier nicht freikommen. Im Anhang schicken wir eine Unterschriftenliste mit der Bitte, diese auszufüllen und weiterzuverbreiten.

Besonders unsere Partnerorganisation, die Leonard Peltier Support Group Rhein/Main bzw. Tokata e.v., hat sich seit vielen Jahren um die Koordination der Unterstützungskampagne für Peltier bemüht und erneut eine Reihe von Aktionen auf die Beine gestellt.

Wichtig ist vor allem, am 06.02. anlässlich des Jahrestags von Peltiers Verhaftung Solibotschaften, d.h. Foto mit Forderung nach Peltiers Freilassung oder kurze Videos, in den sozialen Netzwerken zu posten. Auch wir werden dies als European Alliance for the Self-Determination of Indigenous PeopleS gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen — und hoffentlich mit indigener Unterstützung — machen, wenn wir uns beim Filmfest in Stuttgart treffen.

Nachfolgend sind weitere Aktionen geplant:

  • 5.2.2023: Berlin - Sonntag, 5. Februar 2023 - US Botschaft Berlin, 16:00 Uhr (Veranstalter: Free Them All Berlin)
  • 6.2.2023: Leipzig - 17 bis 1800 am US-Generalkonsulat (Veranstalter: Tokata-LPSG RheinMain e. V., Regionalgruppe Ost)
  • Stade – 13 bis 15 Uhr, Fußgängerzone (Veranstalter: Tokata-LPSG RheinMain e. V. Regionalgruppe Nord
  • Frankfurt am Main – 17 bis 1830 Uhr Hauptwache (Veranstalter: Tokata LPSG RheinMain e.V., Frankfurter Bündnis für Mumia Abu-Jamal…)
  • 27.2.2023: Youtube-Premiere der Doku-Slideshow zu den europäischen Aktionen für Leonard Peltier 22:00 Uhr MEZ


Youtube-Livestream “Auftakt 12. Lesereise” “Ein Leben für die Freiheit -Leonard Peltier und der indigene Widerstand” (anläßlich des 50. Jahrestages der Besetzung von Wounded Knee 1973 mit dem Schwerpunkt Wounded Knee 1890 und 1973

“Sedna. Mythos und Wandel in der Arktis”link

Das renommierte Nonamlink-external (Nordamerika Native Museum) in Zürich präsentiert vom 01.02. — 17.09. mit der Sonderausstellung “Sedna” nicht nur eine der bedeutendsten mythologischen Figuren im Kosmos der Inuit und der Völker der Polarkulturen, sondern feiert zugleich das 60-jähige Jubiläum als Museum und das 20-jährige Jubiläum in den heutigen Räumen direkt am Zürichsee, die längst zu einer festen Anlaufstelle für alle an den Kulturen des indigenen Nordamerikas geworden ist.

Eine ausführliche Besprechung folgt im nächsten Coyote.

Moratorium gegen Minen am Boundary Waterlink

Als Erfolg für den Schutz der Natur und der indigenen Rechte wurde die jüngste Entscheidung des US-Innenministeriums gefeiert, eine 20-jähriges Moratorium gegen neue Bergbauminen an der Boundary Waters Canoe Area Wilderness im nördlichen Minnesota zu verhängen. Konkret ging es gegen die Bestrebungen des Unternehmens Twin Metals Minnesota mit Sitz in St. Paul, eine Kupfer- und Nickel-Mine in einem der letzten unberührten Bereiche des Nationalparks in Betrieb zu nehmen. Tara Houska, Gründerin des Giniw Collective und Aktivistin gegen fossile Energie-Nutzung, begrüßte die Entscheidung, die nun einen Quadratkilometer unberührter Natur innerhalb des U.S. National Forest Systems beschützt. Nachdem sich der frühere Präsident Donald Trump als Befürworter des Projekts geäußert hatte, trat mit dem Regierungswechsel eine Kehrtwende ein, die vor allem Innenministerin Deb Haaland zu verdanken ist. Verbündete fand sie allerdings auch im Staat Minnesota, denn der Tourismus in der Region beschert dem Bundesstaat jährliche Einkommen von rund $540 Millionen Dollar — ein schlagkräftiges Argument für den Umweltschutz, von dem nun auch die Indigenen profitieren.

“National Action Day” zu Ehren von Joye Braunlink

Wie berichtet verstarb die Aktivistin und Koordinatorin des Indigenous Environmental Networklink-external (EIN), Joye Braun, die auch eine der führenden Stimmen im Kampf gegen die Dakota Access Pipeline war, im vergangenen Dezember. Im ganzen Land gab es am 20. Januar Kundgebungen und Demonstrationen, die nicht nur an das Engagement und das Erbe von Joye Braun erinnerten (der 20. Januar war ihr Geburtstag), sondern vor allem auch an den Jahrestag von Bidens Amtsantritt und damit des Endes der Keystone XL Pipeline.

Doch der Kampf der Indigenen gegen die Nutzung fossiler Energie, verhängnisvoller Pipelines und die Missachtung ihrer Landrechte geht weiter — sowohl in Kanada wie den USA – und sie bedürfen unserer Unterstützung.

Streit um “Avatar”link

Nun gut, Blockbuster sind ohnehin nicht der Geschmack von jeder und jedem — doch „Avatar“ ist wohl noch ein besonderer Fall. Der erste Film von Regisseur James Cameron (Kinostart 2019) spielte sagenhafte 2,92 Milliarden Dollar ein und war damit der erfolgreichste Film an der Kinokasse. Der zweite Teil kam 2022 in die Kinos und steuert bereits neue Kassenrekorde an, doch klingelnde Einnahmen sind nicht das einzige Kriterium zur Beurteilung eines Films. Schon der erste Teil mit seinen blauhäutigen Ureinwohnern mit seltsamen Affenschwänzen und der Heldenwerdung eines Kolonisators rief auf indigener Seite Kritik hervor, der zweite Teil wurde nicht wohlwollender aufgenommen. Klar, es ist eine Science-Fiction-Phantasie aus den Hollywood-Studios, für die sich sämtliche Hollywood-Prominenz um die Sprechrollen riss, doch Indigene — von den USA bis nach Neuseeland — kritisieren die klischeehafte Darstellung der “Na‘vi”, der fiktionalen Indigenen, die wiederum nur ein Abziehbild indigener Kulturen reproduzieren würde und damit die wirkliche Lebenswelt und Vielfalt der indigenen Kulturen weltweit ignorieren und pauschalisieren würden.

Die realen Kämpfe der Indigenen um die Bewahrung ihrer Sprachen, Traditionen und Kulturen und gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen durch Ausbeutung und Klimawandel sind kein Topoi für Hollywood-Science-Fiction, aber gelebte Realität. Vielleicht sollte James Cameron einfach ein paar seiner Millioneneinnahmen für indigene Dokumentarfilme über die indigene Realität locker machen.

Erste indigene Ministerin in Brasilienlink

Nach der brasilianischen Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr, bei der sich Lula da Silva gegen Jair Bolsonaro durchsetzen konnte, hatten viele Indigene die Hoffnung auf einen Politikwechsel, und tatsächlich gibt es neue Hoffnung für die Indigenen, seit mit der Aktivistin Sônja Guajajara die erste Indigene einem neu geschaffenen Indigenenministerium vorsitzen wird. In Brasilien gibt es 256 verschiedene indigene Völker, die bislang kaum eine Stimme hatten, denn die Politik Brasiliens war bestimmt von den wirtschaftlichen Interessen von Konzernen und Großinvestoren.

Das US-amerikanische Magazin “Timelink-external” zählt Sônia Guajajara zu den 100 einflussreichsten Personen des Jahres 2022. Die 48-Jährige ist eine der bekanntesten Aktivist*innen Brasiliens. Sie kämpft für die Rechte der indigenen Bevölkerung, für den Erhalt ihrer Kulturen und gegen die Umweltzerstörung sowie gegen den Land- und Rohstoffraub. Sônia Bone de Souza Silva Santos, die den Namen ihres Volkes Guajajara trägt, wurde 1979 in Arariboia, einem Reservat im Bundesstaat Maranhão geboren. Mit zehn Jahren verließ sie ihr Dorf, um zur Schule gehen zu können. Nach dem Besuch einer weiterführenden Schule machte sie einen Abschluss in Literatur und absolvierte ein Postgraduate-Studium im Bereich Sonderpädagogik. Bei den vergangenen Wahlen 2022 wurde Guajajara im Bundesstaat São Paulo in den Nationalkongress gewählt. Sie war eine von fünf indigenen Abgeordneten im Kongress — und nun sogar Ministerin.

50 Jahre Wounded Knee IIlink

Am 27. Februar 1973 besetzten Lakota und herbeigerufene Aktivist*innen von AIM Wounded Knee, den historischen Ort des letzten Massakers der USA gegen die Indigenen, und forderten ein Ende der kolonialen US-Politik, des korrupten Wilson-Regimes und die Anerkennung der indigenen Vertragsrechte. Schon damals waren es die indigenen Frauen, welche das Rückgrat des indigenen Widerstands bildeten — was allerdings in der Öffentlichkeit weder bekannt war noch gewürdigt wurde. Aus diesem Grund hat das Warrior Women Project ein neues Projekt ins Leben gerufen, eine Ausstellung, welche explizit den damaligen Widerstand der indigenen Frauen in den Vordergrund rücken will.

Dafür bitten sie uns um finanzielle Unterstützung, und wir geben diese Bitte um Spenden an Euch weiter. Zu lange wurde der Widerstand der indigenen Frauen ignoriert oder unterschätzt. Wie Madonna Thunderhawk einmal erklärte, “Willst Du die Aufmerksamkeit der Medien, schick die Männer nach vorne, willst du den Job erledigt bekommen, hol die Frauen.”

“Leading from the back” war ihr Motto, denn das Rampenlicht überließen sie den Männern. Nun ist es Zeit, ihren Einsatz endlich angemessen zu würdigen. Wir sind dabei, einige Veranstaltungen zum Jubiläum zu organisieren, u.a. eine Europareise einer Delegation der Lakota, aber konkrete Details müssen noch ausgearbeitet werden.

100 Jahre indigener Appell an die Weltgemeinschaftlink

1923 reiste Cayuga-Chief Levi General Deskaheh als Abgesandter der Haudenosaunee, d.h. der Irokesen, nach Genf, um beim damaligen Völkerbund die Anerkennung der indigenen Völker einzufordern. Damals war die Weltgemeinschaft noch nicht bereit, die indigenen Völker als Rechtsträger anzuerkennen oder gar nur anzuhören. Doch Deskahehs Einsatz war nicht vergeblich. Nach jahrzehntelanger intensiver Lobbyarbeit verabschiedeten die Vereinten Nationen 2007 die Deklaration der Rechte der Indigenen Völker, die einen (noch unerreichten) Maßstab setzte, um die Rechte der indigenen Völker auf die internationale Tagesordnung zu setzen. Noch ist es an uns, dieses Rahmenwerk in die Praxis umzusetzen, doch vor einem Jahrhundert hat Deskaheh ein Zeichen gesetzt, das wir nicht mehr ignorieren können.

Über Veranstaltungen im Kontext der 100-Jahr-Feier werden wir noch informieren.

In Solidarität mit dem Selbstbestimmungsrecht der indigenen Völker

Herzliche Grüße

Monika Seiller

Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
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Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (AGIM) ist ein gemeinnütziger Verein (gegr. 1986) zur Unterstützung der Rechte der indigenen Völker Nordamerikas und Herausgeberin des Magazins COYOTE.

AGIM e.V. (Action Group for Indigenous and Human Rights, est. 1986) is a non-profit human rights organization dedicated to supporting the right to self-determination of Indigenous peoples in North America. We publish a quarterly magazine COYOTE.

Bankverbindung: IBAN DE28 7015 0000 0017 2234 70 / BIC: SSKMDEMM / Stadtsparkasse München

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