Der unermüdliche Kampf der Western Shoshone um ihre Landrechte
von Monika Seiller
(veröffentlicht 3/2009)
1863 unterzeichnete die US-Regierung einen Vertrag mit den Western Shoshone. Der Treaty of Ruby Valley erlaubte einerseits den USA freien Durchzug durch das Land der Indianer (Goldfunde zogen Heerscharen von Siedlern und Goldsuchern an), bestätigte andererseits die Landrechte der Indianer – ein Vertrag in „Frieden und Freundschaft“, der bis heute weder das eine noch das andere brachte, stattdessen zu Unterdrückung und Entrechtung der Indigenen führte. Die Auslegung dieses Vertrags steht im Zentrum des Dokumentarfilms von Beth und George Gage, der nun bei First Run Features erschienen ist.
Seit Jahrzehnten kämpfen de Western Shoshone um die Anerkennung ihrer Landrechte, die doch einst im Vertrag gesichert sein sollten, und den Erhalt ihrer Lebensgrundlage. Zentrale Figuren des Widerstands waren die Schwestern Carrie und Mary Dann, die Zeit ihres Lebens auf ihrer Ranch nahe Crescent Valley lebten bzw. leben. Nachdem dem Tod von Mary Dann im Jahre 2005, führt Carrie nun den gemeinsamen Kampf ungebrochen weiter, auch wenn der Gegner manchmal übermächtig erscheint. Es ist nicht nur ein Kampf gegen die Vergewaltigung ihrer Landrechte, sondern auch gegen die Zerstörung durch Goldabbau, Militärnutzung, Atombombentests und ein nukleares Endlager – schwere Bürde für die zarten, aber zähen Schultern von Carrie Dann, die für ihren Widerstand in aller Welt geachtet wird, Unterstützung findet und mit zahlreichen internationalen Preisen für ihren Einsatz gewürdigt wurde. Doch selbst die Unterstützung der Vereinten Nationen konnte ihr bislang noch nicht zum Sieg verhelfen, denn der Kontrahent heißt USA.
1973 erklärte das Bureau of Land Management, die Danns würden ihr Vieh auf Bundesland weiden lassen, und forderte dafür stattliche Weidegebühren. Mit Verweis auf den Vertrag von Ruby Valley weigerten sich die Danns selbstverständlich, Weidegebühren für Land zu zahlen, das ihnen vertraglich zugesichert wurde und klar innerhalb der Grenzen des damals vereinbarten Vertragslandes liegt. Der Konflikt eskalierte, und zahlreiche Gerichtsprozesse waren die Folge. 1979 einigte sich das Innenministerium, das sich als Treuhänder der indianischen Interessen versteht, auf eine Übereinkunft, bei der das Land quasi an die öffentliche Hand verkauft wurde – auf der Basis der Grundstückspreise von 1872! Der Deal lautete: 26 Millionen Dollar für 24 Millionen acre Land.
Wohlgemerkt saßen nur Regierungsvertreter mit Regierungsvertretern am Verhandlungstisch, denn das Bureau of Land Management untersteht selbst dem Innenministerium. Die Western Shoshone wurden weder gefragt, noch durften sie sich an den Verhandlungen beteiligen. Natürlich lehnten die Western Shoshone wie auch die Danns den „Tauschpakt“ entschieden ab. Ihre Vertragsrechte stehen nicht zum Kauf, und sie verweigerten die Annahme der Zahlungen.
Doch es kam noch schlimmer. Da sich die Danns weigerten, Weidegebühren für ihr eigenes Land zu zahlen, reagierten die Behörden mit Konfiszierungen, Hetzkampagnen und roher Gewalt.
Gleichzeitig entdeckte man neue Goldminen auf dem Land der Western Shoshone – damals Anlass für den Vertrag von Ruby Valley. Die Cortez Mine prognostizierte Goldfunde von rund 4,5 Millionen Tonnen just auf dem Land, auf dem bislang die Danns ihre Pferde weiden ließen. Den Goldminenbetreibern wurde die Genehmigung zum Abbau erteilt und damit zur weiteren Zerstörung des Landes der Indianer.
Statt der Anerkennung ihrer Landrechte sehen sich die Western Shoshone nach wie vor nur mit Missachtung und Zerstörung konfrontiert. Erinnern wir nur daran, dass auf ihrem Land Hunderte von Atombombentests durchgeführt wurden – mit verheerenden Folgen für die Gesundheit und das Leben der Indianer. Inzwischen scheint wenigstens das geplante Atomendlager in den Yucca Mountains vom Tisch. Dieser Komplex ist zwar nicht Thema der Dokumentation, verdeutlicht aber die gravierende Situation der Western Shoshone. Die hier genannten Vorgänge sind nur ein kleiner Ausschnitt der Probleme, denen sich die Indianer ausgesetzt sehen.
Die Dokumentation ist keine leichte Kost, aber ein wichtiger Beitrag, um ein Verständnis für die indigenen Landrechte zu erlangen, um die Ungerechtigkeiten und groben Menschenrechtsverstöße aufzuzeigen. Inzwischen wurde der Film mit zahlreichen Auszeichnungen auf Festivals gewürdigt.
„American Outrage“ von Beth und George Gage, 56 Minuten, First Run Feature, 2009, 24,95$
Regie: Beth Gage, George Gage
Drehbuch: Beth Gage
Darsteller: Mary Dann, Carrie Dann, Mary Steenburgen
Erhältlich bei Amazon.
American Outrage ist auch bei Netflix zu sehen (gebührenpflichtig).