Liebe Unterstützer*innen,

eigentlich sollte der Newsletter bereits am 30.09. erscheinen, doch manchmal kommen eben andere Termine dazwischen, wenn man ehrenamtliche Menschenrechtsarbeit leistet.

Der 30.09. wurde letztes Jahr erstmalig in Kanada als Feiertag begangenen — als “Truth & Reconciliation Day”, um an die Opfer und Überlebenden des genozidalen Systems der Residential Schools zu erinnern. Ins Leben gerufen wurde er zunächst von indigener Seite als “Orange Shirt Day” — verbunden mit der Forderung “Every Child Matters”. Den Hintergrund bildet die Geschichte von Phyllis Webstad, die bei ihrer Zwangseinschulung ins Internet ihr oranges T-Shirt, das sie eigens von ihrer Großmutter erhalten hatte, gegen die Schuluniform tauschen musste und niemals zurückerhielt.

Auch dieses Jahr wurde der besonderen Situation der Indigenen gedacht, die direkt oder indirekt vom generationsüberschreitenden Trauma des Internatssystems betroffen sind (ausführlich geschildert im Coyote Nr. 129).

Inzwischen haben auch einige Bundesstaaten in den USA, u.a. in Minnesota, den Gedenktag übernommen, um auch hier der Opfer und Überlebenden der Indian Boarding Schools zu gedenken.

Von einer “Versöhnung” oder “Wiedergutmachung” sind jedoch sowohl Kanada als auch die USA noch weit entfernt.

Terminelink

Soeben hatten wir anlässlich des 30. Jubiläums des World Uranium Hearings Anna Rondon von den Dineh aus den USA zu Gast bei uns in München (Bericht in der nächsten Ausgabe unseres Magazins Coyote. Die Situation der Dineh, auf deren Land Jahrzehnte lang Uran abgebaut wurde, verdeutlicht einmal mehr, dass uns angesichts der jüngsten Debatten um “Energiesicherheit” und Laufzeitverlängerungen der AKWs leider auch das Thema Uran in all seinen Facetten weiterhin begleiten wird.

International Uranium Film Festival (06.-13.10.2022)link

Das 2010 in Rio ins Leben gerufene International Uranium Film Festival — das bereits in 40 Städten weltweit stattgefunden hat — ist dieses Jahr auch wieder in Berlin zu Gast (leider nicht online) und präsentiert sechs Filme zum Thema, u.a. aus Australien, USA und Kanada. So behandelt der Film “Totem & Ore” die Folgen des Atombombenabwurfs auf Japan, der Atombombentests in Australien und des Atomunfalls von Fukushima. Colin Scheyen thematisiert in seinem Dokumentarfilm “Toxic Neighbours” die Auswirkungen des Atomkraftwerkskomplexes Bruce Nuclear Station in Kincardine, Ontario.

Info hierlink-external.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass am 26. September der UN-Tag zur Abschaffung der Atomwaffen (Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons) begangen wurde – Deutschland hat zwar den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet, nicht jedoch den weiterreichenden Atomwaffenverbotsvertrag.

“Plastic Indianer” (07.10. – 19.11.2022)link


Passend zur aktuellen Debatte um die Winnetou-Thematik und das „I-Wort“ zeigt Künstler, Autor und Filmemacher Bernhard Springer seine Ausstellung “Plastic Indianer” im Bürgerhaus Unterföhring (München).

Seit Jahrzehnten setzt sich Bernhard Springer mit der Faszination und den Stereotypen des Indianerbilds auseinander — versinnbildlicht durch die Plastikindianer, die einst (Ältere mögen sich erinnern) in den Heinerle-Wundertüten für leuchtende Kinderaugen sorgten.

Die Ausstellung “Plastic Indianer” zeigt seine großformatigen Acrylbilder auf Leinwand und knallbunten Wellpappebilder, präsentiert das Kunst-Fanzine “plastic indianer” aus den frühen 1980er-Jahre, aber auch seine Filme und Veröffentlichungen zum Thema wie das Filmbuch “Edle Wilde — Rote Teufel”, das leider vergriffene deutsche Standardwerk zur Darstellung der Indianer*innen im Film. Außerdem ist eine Auswahl von Spielzeugfiguren aus der eigenen Sammlung des Künstlers zu sehen.

Die Vernissage findet am Freitag, den 07.10.2022 um 19:00 statt.

Mit dem Bild der Indianer*innen setzt sich auch das Rahmenprogramm auseinander:

Do, 27.10.2022: “rauchzeichen.com” mit Claus Biegert (Autor und Filmemacher)

Do, 10.11.2022: “Von Winnetou bis Widerstand” mit Monika Seiller (Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte)

Do, 17.11.2022: “plastic-indianer spricht” mit Bernhard Springer (Künstler & Autor)

Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19:00 Uhr, der Eintritt ist frei.

“Plastic Indianer” im Bürgerhaus Unterföhring, Münchner Straße 65, 85774 Unterföhring, Mo-Fr 08:00 – 20:00, Sa 10:00 – 14:00 Uhr.

Infos hierlink-external.

Mitch Walking Elk — Songs aus dem indigenen Amerika (09.10.2022)link

Noch einmal ausdrücklich erinnert sei an das Konzert von Mitch Walking Elk (Cheyenne/Arapaho), der nach der langen Pandemiepause endlich wieder durch Deutschland und Europa tourt. Am nächsten Sonntag macht er Station in München, um mit seiner kraftvollen Stimme und seinen eindringlichen Songs von einem anderen Amerika zu erzählen, dem Land der Indigenen, für das er sich auch als Aktivist leidenschaftlich engagiert. Die vielfältigen Probleme der Indigenen in den USA kennt er aus eigener Erfahrung — auch er musste die Internatsschulen besuchen und seinen Weg im Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus finden, doch er hat auch seine Stärke entdeckt – die Kraft der indigenen Identität und Resilienz.

Einführung: Monika Seiller, Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.

Sonntag, 09.10.2022 um 19:00, Kleiner Saal, EineWeltHaus, Schwanthalerstr. 80, München

Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.

Dokumentarfilm “Hi-Ho Mistahey” (26.10.2022)link

Im Rahmen der “open Doku”-Filmreihe zeigen wir in Zusammenarbeit mit dem NordSüdForum München den Dokufilm “Hi-Ho Mistahey!”, der ein brennendes Thema behandelt — das Recht auf Bildung für Indigene. Die “Grande-Dame des indigenen Dokumentarfilms”, Alanis Obomsawin (Abenaki), erzählt in der Dokumentation die Geschichte von “Shannon’s Dream”, einer nationalen Kampagne der indigenen Jugendlichen in Kanada, mit der sie das Recht auf Bildung einfordern. Angesichts der Vielzahl an Problemen, den sich die Indigenen in Kanada ausgesetzt sehen — Ressourcenausbeutung, Landraub, Trauma der Internatsschulen, Gewalt an Frauen – findet das Thema zu selten Beachtung und ist doch von größter Dringlichkeit. Nach einem Ölleck musste die einzige Schule in Attawapiskat im nördlichen Ontario geschlossen werden – Unterricht fiel aus oder wurde in Barracken abgehalten. Die Reservatsschulen im ganzen Land erhalten nur ein Drittel des üblichen Schulbudgets. Den indigenen Kindern wird damit ihr Recht auf gleichberechtigte Bildung und damit eine Zukunft verweigert. Shannen Koostachin wollte dies nicht länger hinnehmen. Die Kampagne führte den Protest der Kinder nicht nur zum kanadischen Parlament, sondern sogar bis zu den Vereinten Nationen.

Einführung durch Monika Seiller, Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.


„Hi-Ho Mistahey!“, Regie: Alanis Obomsawin, 99 Min., Kanada 2013, engl. OV (Eintritt frei)

Mittwoch, 26.10.2022 um 19:00, EinWeltHaus, Schwanthalerstr. 80, München

Newslink

Wet’suwet’en: Drohender Bohrungbeginn am Wedzin Kwa Riverlink

In einer Eilmeldung vom 26. September warnen die Wet’suwet’en, dass die Bohrungen am Wedzin Kwa (Morice River) jederzeit beginnen könnten. Die Wet’suwet’en kämpfen seit Jahren gegen den Bau der Coastal Gaslink Pipeline, welche Frackinggas vom Norden der kanadischen Provinz British Columbia quer durch ihr traditionelles Land bis an die Pazifikküste transportieren soll.

Die traditionelle Führung der Indigenen hat sich wiederholt gegen die Pipeline ausgesprochen und die Indigenen haben mehrere Checkpoints und Widerstandscamps errichtet, um das Projekt zu stoppen. Sie berufen sich darauf, dass die Entscheidung über die Landnutzung allein bei den Hereditary Chiefs liegt, welche das Projekt geschlossen ablehnen. Weder die Regierungen von British Columbia und Kanada noch der Betreiber TC Energy haben jemals die Zustimmung (full, prior and informed consent) erhalten und verstoßen damit u.a. gegen die UN-Deklaration der Rechte der indigenen Völker. Im Herbst 2021 hatten die Indigenen das Coyote Camp errichtet, um die Bauarbeiten zu stoppen, was in der Folge zu wiederholten gewalttätigen Übergriffen durch die RCMP, die kanadische Bundespolizei, als auch die dubiose Sondereinheit der Community-Industry Response Group und zu Dutzenden Verhaftungen führte, darunter auch von Journalisten. Auch jetzt beklagen die Indigenen, dass sie rund um die Uhr überwacht würden.

Nun soll die Pipeline unter dem Morice River hindurchführen, der wichtigsten Frischwasserquelle der Indigenen und Laichplatz der Wildlachse. TC Energy bestreitet jede Gefahr für die Umwelt, doch hat das Unternehmen eine verheerende Bilanz an Pipelineunfällen. Die Indigenen bitten daher um Unterstützung, um die Bohrungen am Wadzin Kwa zu verhindern.

Info hierlink-external: https://www.yintahaccess.com/take-action-1link-external

Aktion: https://www.nomoredirtybanks.com/home/#take-actionlink-external

Neuer UN-Hochkommissar für Menschenrechtelink

Nach dem Ausscheiden von Michelle Bachelet (Chile) und der kontroversen Chinadebatte wurde der Österreicher Volker Türk am 8. September 2022 als neuer UN-Hochkommissar für Menschenrechte berufen. Der Jurist ist bereits seit 1991 für die Vereinten Nationen tätig, u.a. als stellvertretender Flüchtlingshochkommissar. Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin, die als Widerstandskämpferin und Folteropfer der chilenischen Militärdiktatur direkt in die politischen Kämpfe involviert war, ist Türk ein “UN-Mann”, der sich seit Jahrzehnten auf dem diplomatischen Parkett der Menschenrechtsarbeit bei den Vereinten Nationen in Genf bewegte. Schon seine Dissertation galt der Flüchtlingsarbeit der Vereinten Nationen. Gegenüber den früheren Stationen seiner Karriere ist das Hochkommissariat für Menschenrechte der reinste Schleudersitz, denn nun muss sich der Diplomat zwischen den widersprüchlichen Interessen der Weltgemeinschaft bewegen – kein leichter Job für den 57-Jährigen angesichts der aktuellen Herausforderungen, denn die „Common Agenda“, welche UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu Beginn der UN-Vollversammlung im September in New York verkündete, wird längst nicht von allen UN-Mitgliedsstaaten geteilt.

Petition: Wasserstoff nur fair und erneuerbar!link

Im Energie-Roulette scheinen alle bisherigen Bekenntnisse zu nachhaltiger Energie zu fallen. So versprach Kanzler Scholz der Wirtschaft einen neuen Wasserstoff-Boom und betreibt damit Etikettenschwindel, denn Wasserstoff ist keineswegs per se klimaneutral – vor allem, wenn er aus Fracking-Gas hergestellt wird, das im schlimmsten Fall auf indigenem Land gewonnen wird. Im August schloss die Bundesregierung mit Kanada ein Wasserstoffabkommen. Trudeau versprach „grünen Wasserstoff“, doch dies ist keineswegs gesichert, zumal die notwendige Infrastruktur noch fehlt.

Das Münchner Umweltinstitut hat eine online-Petition ins Leben gerufen, denn im Oktober wird im Bundestag über das “Herkunftsnachweissystem” für Gase verhandelt. Für eine klimaneutrale Zukunft müssen wir sicherstellen, dass fossiler Wasserstoff nicht als nachhaltig eingestuft wird.

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Wounded Knee: Ende eines Landstreitslink

Das Wounded Knee Memorial in South Dakota markiert jene Stätte, an der 1890 fast 300 Lakota von der 7. US-Kavallerie massakriert wurden. Die Gedenkstätte liegt auf Land des Oglala Sioux Tribe, doch ein Teil des historischen Gebiets befand sich noch in Privatbesitz der Familie des 2019 verstorbenen James Czywczynski, dem Besitzer der einstigen Wounded Knee Trading Post, die bei der Besetzung von Wounded Knee, u.a. durch das American Indian Movement, 1973 Bekanntheit erlangte. Seit langem gab es Bestrebungen der Indigenen, auch die restlichen 16 Hektar des betreffenden Landes zu kaufen, um es schließlich als Gedenkstätte zu bewahren, doch James Czywczynski forderte die unglaubliche Summe von $3,9 Millionen. Drei Jahre nach dessen Tod gelang nun ein Durchbruch. Am 7. September stimmte der Stammesrat der Entscheidung zu, das Landstück gemeinsam mit den Cheyenne River Sioux für $500.000 von der Witwe zu kaufen, um es jeglicher kommerziellen Nutzung zu entziehen und als heilige Stätte zu schützen.

In Solidarität mit dem Selbstbestimmungsrecht der indigenen Völker!

Herzliche Grüße

Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
Frohschammerstrasse 14
D-80807 München

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Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (AGIM) ist ein gemeinnütziger Verein (gegr. 1986) zur Unterstützung der Rechte der indigenen Völker Nordamerikas und Herausgeberin des Magazins COYOTE.

AGIM e.V. (Action Group for Indigenous and Human Rights, est. 1986) is a non-profit human rights organization dedicated to supporting the right to self-determination of Indigenous peoples in North America. We publish a quarterly magazine COYOTE.

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