Liebe Unterstützer*innen,

wir alle sind bestürzt über den jüngsten Angriff Russlands auf die Ukraine. Wir können nur dazu ermuntern, sich an Solidaritätsaktionen und Friedenskundgebungen zu beteiligen.

Wir selbst werden dies auch am kommenden Dienstag, dem 8. März 2022, dem Internationalen Frauentag, denn in allen Konflikten und Kriegen sind Frauen besonders bedroht. In den aktuellen Kämpfen sind uns noch keine konkreten Übergriffe bekannt geworden, doch ich darf mir als Frauenrechtsaktivistin erlauben, darauf hinzuweisen, dass die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (WILPFlink-external), die sich mitten im Ersten Weltkrieg als Stimme für den Frieden 1915 gründete, als älteste Frauenorganisation, die wesentlich an der Ausarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beteiligt war, auch in der jetzigen Situation verkündet „Frauen fordern Frieden“. Und wir wissen, wie notwendig Solidarität ist. Die Schweizer Sektion von WILPFlink-external hat uns auch — neben Incomindioslink-external — als Kooperationspartnerin in der Realisierung der Ausstellung „Warrior Women statt Pocahontas“ gegen Gewalt an indigenen Frauen und Mädchen im November/Dezember 2021 unterstützt.

Die National Inquiry Commission into Missing and Murdered Indigenous Women and Girlslink-external bezeichnete die Gewalt an indigenen Frauen als „Genozid“. Ich kann meine Besorgnis nicht verhehlen, wenn der Begriff derzeit inflationär Verwendung findet.

Und bei aller Solidarität für die Ukraine möchte ich dennoch einwenden, dass neue Militärausgaben und Aufrüstung keine Lösung bedeuten. Ich darf daran erinnern, dass der „Kampf für die Freiheit“ in Afghanistan mit Tiefstflügen (auch der Deutschen Luftwaffe) über dem Land der Innu im Nordosten Kanadas trainiert wurde. Die Vorläufer der US-Atomwaffen, die bis heute gegen unseren Willen in Büchel stationiert sind, wurden erstmals am 16. Juli 1945 in Alamogordo, New Mexico, und dann über Jahnzehnte in Nevada auf dem Land der Western Shoshone getestet. Im Januar 2022 feierten wir das einjährige Inkrafttreten des Atomverbotsvertrags — leider haben weder die USA noch Russland noch Deutschland diesen wichtigen Vertrag ratifiziert.

Während ich diese Zeilen schreibe, lausche ich gleichzeitig US-Präsident Bidens „Speech to the Nation“, in der er sein erstes Jahr im Amt bilanziert. Auch wir haben die letzten 12 Monate der Biden-Administration in der neuen Ausgabe unseres Magazins Coyote analysiert, die sich momentan im Druck befindet und in den nächsten Tagen versandt wird. Die Bilanz fällt gemischt aus. Biden brüstet sich mit einer Liste an Investitionen – die in der Tat dringend notwendig waren und auch indigenen Reservaten zugutekommen, u.a. Ausbau des Internets und Infrastrukturmaßnahmen. Dennoch reichen die Maßnahmen nicht aus. Soeben verkündeten die USA, dass die Zahl der Covid-Todesfälle unter den Indigenen die 10.000er Marke überschritten hat. In vielen Fällen waren die Indigenen auf sich gestellt.

Vor wenigen Tagen hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei der Vorstellung des neuesten Berichts des Weltklimaratslink-external den Staaten ein “kriminelles” Versagen beim Klimaschutz vorgeworfen. Besonders betroffen sind die indigenen Völker – erinnert sei an die verheerenden Flutkatastrophen und Waldbrände, welche Nordamerika erneut im letzten Jahr heimgesucht haben, u.a. in British Columbia. Biden ist hier hinter den Erwartungen oder Hoffnungen zurückgeblieben, denn abgesehen von dem Stopp der Keystone XL Pipeline, hat der US-Präsident die im Wahlkampf versprochene Abkehr von der Nutzung fossiler Energie nicht umgesetzt. Dies gilt ebenso für seinen Nachbarn in Kanada. Die Bekämpfung der Klimakatstrophe kann nicht erneut verdrängt und verschoben werden, denn sie trifft alle – vor allem die empfindlichsten Gemeinschaften.

Hier schließt sich wieder der Kreis zur aktuellen Krisensituation. Wer jetzt angesichts der zu erwartenden ausfallenden Gaslieferungen aus Russland nach neuen Energiequellen wie Flüssiggas ruft, sollte das Gesamtbild nicht aus den Augen verlieren. In British Columbia kämpfen die Wet’suwet’en seit Jahren gegen die Coastal GasLink, welche Flüssiggas quer durch ihr traditionelles Land für den Export transportieren soll — derzeit vor allem nach Asien. In den letzten Jahren sind weitere Projekte im Osten Kanadas gescheitert, doch bei europäischer Nachfrage könnte sich dies ändern. Wir können nicht zulassen, dass unsere Energieversorgung auf Kosten der Indigenen gesichert werden soll.

Der aktuelle Coyote widmet sich auch diesen aktuellen Fragestellungen und vielen anderen Themen. Im Februar fanden weltweit Aktionen statt, um die Freilassung des politischen Gefangenen Leonard Peltier zu fordern. Neue Gräberfunde an den Residential Schools in Kanada haben dazu geführt, dass sich nun auch die USA der Aufarbeitung des Systems der Internatsschulen widmen. Wir berichten über die jüngsten Entwicklungen zum Protest gegen die Coastal GasLink und die Trans Mountain Pipeline und analysieren die Umsetzung der UN-Deklaration der Rechte der Indigenen Völker in kanadisches Recht. Daneben gibt es zahlreiche Artikel zur Kultur. Wer gerne mehr erfahren möchte, kann gerne ein Probeheft bestellen oder gleich abonnieren.

Ein kultureller Tipp zum Schluss: Derzeit widmet das Berliner Haus der Kulturen der Welt eine Ausstellung dem Werk von Alanis Obomsawin (Abenaki), einer der bekanntesten und beharrlichsten indigenen Regisseurinnen, die mehr als 50 Dokumentarfilme realisiert hat (www.hdkw.de).

In Solidarität mit dem Selbstbestimmungsrecht der indigenen Völker

Monika Seiller
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
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Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (AGIM) ist ein gemeinnütziger Verein (gegr. 1986) zur Unterstützung der Rechte der indigenen Völker Nordamerikas und Herausgeberin des Magazins COYOTE.

AGIM e.V. (Action Group for Indigenous and Human Rights, est. 1986) is a non-profit human rights organization dedicated to supporting the right to self-determination of Indigenous peoples in North America. We publish a quarterly magazine COYOTE.

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