Edward S. Curtis and the North American Indian im Amerikahaus München
von Monika Seiller
(veröffentlicht 2/2009)
Wer kennt sie nicht - die stoischen Gesichter der Indianer, die der amerikanische Photograph Edward S. Curtis um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mit der Kamera für die Nachwelt dokumentierte - Kalender und unzählige Bildbände zeugen bis heute von der Fasziniation seiner Photographien. Curtis konnte das Elend der amerikanischen Ureinwohner mit eigenen Augen sehen und war gleichzeitig von der Vielfalt ihrerer Kultur fasziniert. Überzeugt davon, dass diese Kulturen dem Untergang geweiht seien, wollte er dieses Erbe wenigstens in seinen
Photographien retten.
Glücklicherweise sollte Curtis sich täuschen, denn die Indianer und ihre Kulturen, ihre Riten und Geschichten haben überlebt. „The Vanishing Race“, jenes geradezu mystische Bild, das zu seinen bekanntesten Photos zählt, sollte nicht Wahrheit werden. Heute ist das Selbstbewusstsein der Indianer längst wieder erstarkt und sie engagieren sich für den Erhalt ihrer Kultur, ihrer Sprache und nicht zuletzt ihres Landes, das seit der Ankunft Columbus’ den Weißen nur als auszubeutender Schatz galt.
Die Trauer, die über vielen seiner Photos liegt, ist Ausdruck seiner Erfahrungen und der damaligen Verhältnisse. Die heutigen Nachfahren jener Indianer erheben deutlich ihre Stimme: Murray Small Legs, der die Vernissage der Ausstellung begleitete, ist ein deutlicher Beweis für die Lebendigkeit der indianischen Kultur.
Der sanfte Sepiaton der Photographien hat nicht nur die ästhetische Darstellung der verschiedenen indianischen Völker geprägt, sondern bis heute unsere Wahrnehmung „der Indianer“ beeinflusst. Anders ließe sich der anhaltende Erfolg der Darstellungen nicht erklären.
Der Aktivistin erschienen die Photographien bei der ersten Begegnung vor vielen Jahren suspekt, denn sie beschwören tatsächlich einen Geist des Verlusts, der Vergangenheit, des Untergangs - und nicht zuletzt des
fremden Blicks auf diese Menschen, die so gar nicht in die amerikanische Gesellschaft passen wollten. Doch Edward S. Curtis hatte zugleich neben der Schönheit der (statischen) Bilder auch einen anthropolgischen Impuls, diesen Völkern näher zu kommen, sich die fremde Welt der Indianer zu erschließen.
Nicht immer konnte dies gelingen - denn all zu oft hielten ihn ausgerechnet seine Studienobjekte zum Narren. Hier sei nur an die Tänze der Hopi erinnert, die sich für den Dokumentaristen so manche Mär einfallen ließen und damit noch über Jahrzehnte Ethnologen und Historiker in die Irre führten. Ungeachtet dessen wurden die Indianer zu einer Obsession, der Curtis Jahrzehnte
seines Lebens widmete.
Das Amerikahaus in München zeigt nun bis zum 17. Juli rund 60 seiner Werke. Kuratiert hat die Ausstellung der Curtis-Experte Christopher Cardozo, der über 4000 Curtis-Photographien besitzt. Zur Ausstellung erscheint zugleich ein Katalog.
Infos: www.amerikahaus.de